Der Kerbverein Groß-Bieberau stellt sich vor:

Seit dem Mittelalter ist es Brauch den Tag der Weihe der örtlichen Kirche zum Teil in Verbindung mit einem Markttag zu feiern. Oft wurde die Feier des Jahrestages auf den Namenstag des gewählten Schutzheiligen der Kirche gelegt. Dieses Fest wird je nach Region Kerb, Kerwe, Kirmes oder Kirchweih genannt. Im ländlichen Raum bildet die Kirchweih eine wichtige dörfliche Institution, mit denen – zumeist unverheirateten – „Kerwebursche“ das jährliche Fest organisatorisch tragen. Mittlerweile nehmen daran in vielen Orten auch Mädchen und junge Frauen teil. Im südhessischen Odenwald wird die „Kerwe“ traditionell „ausgegraben“, und somit eröffnet. Die Kerweburschen ziehen freitags durch die Ortsstraßen zum Haus des Kerwevadder, holen diesen ab und gehen gemeinsam zu einem geheimen Treffpunkt, an dem der Kerweschatz aus dem Boden ausgegraben wird. Mit diesem Ritual ist die schöne Kerwezeit eröffnet. Es wird dann freitags und samstags bei einem bunten Musik- und Unterhaltungsprogramm ausgiebig gemeinsam gefeiert. Sonntags findet der Kirchweih- Gottesdienst feierlich statt. In vielen Orten gibt es nachmittags ein Kerwe-Umzug, bei dem Gruppen, Vereine und Bürger aus dem Ort und der Region mit kreativen Ideen und gestalteten Wagen/Traktoren durch die Straßen ziehen. Anschließend wir die "Kerweredd" vom Kerwevadder verlesen, in der über interessante und lustige Geschehnisse aus dem zurückliegenden Jahr berichtet wird. Montags hat sich der traditionelle Handwerker-frühschoppen eingebürgert, an dem meist arbeitsfrei ist. Es treffen sich Bürger, Freunde, und natürlich die Kerweburschen, auch aus umliegenden Gemeinden um in den Gastwirtschaften einen erholsamen Kirchweihtag zu feiern. Die festliche Kirchweih ist erst wieder durch das Eingraben des Kerweschatzes für das nächste Jahr, meist dienstags beendet.
Unsere Kerb in Groß-Bieberau geht auf die Weihe der St. Michaels Kirche Anfang des 17. Jahrhundert zurück. Seither wurde Mitte Oktober das Kirchweihfest in Verbindung mit einem öffentlichen Martkttag, also die "Bieweraer- Kerb" gefeiert.
Viel Sitten und Gebräuche wurden seither überliefert. So wurden zu diesem Fest ein großer Gottesdienst abgehalten und im Anschluss daran schöne Kerbtänze und ein Umzug durchs Ort ausgerichtet, ein Kerbbaum aufgestellt und den Kerbkranz aufgehängt, wo dann im Kerbspruch die Ereignisse aus dem Ort in lustigen und spöttischen Reimen dargebracht wurden. Die Burschen die in dem Jahr die Volljährigkeit feierten, wurden zu den Hauptpersonen der Kerb, den Kerbburschen. Es zogen die Kerbburschen mit Kerbfahne durch die Straßen.
Bis 1906 wurde die Groß-Bieberauer Kirchweih (Kerb) noch Mitte Oktober, am Wochenende nach "Gallus" gefeiert. Der Namenstag des Heiligen Gallus fällt zusammen mit der Heiligen Hedwig auf den 16. Oktober. Die Bauernregel für diesen Tag reimt: Hedwig und Sankt Gall’ machen das Schneewetter all’.
Das Datum der Kerb wurde noch in diesem Jahr auf das noch heute gültige Datum am letzten Wochenende im Oktober verschoben. Siehe dazu den folgenden originalen Zeitungsausschnitt aus dem Odenwälder Boten vom September 1906.

Die genauen Gründe dafür sind für uns heute nicht nachvollziehbar, da keine weiteren schriftlichen Überlieferungen auffindbar sind. Nach überlieferten Aussagen, hatte man nach dem kirchlichen Ernte Dankfest mehr Zeit, Geld und weniger harte Arbeit auf den umliegenden Feldern um sich dann auf das Kerbfest vorzubereiten. Da auf jeden Fall der Kerb- Montag noch ein Tag im Oktober sein muss, fällt die Kerb in manchen Jahren auch das 3. Wochenende im Oktober. Es gibt leider nicht viele Aussagen bzw. kaum überlieferte Bilder, wie die Kerb seither gefeiert wurde. Dokumentiert wurde nur die letzte richtige Kerb-Veranstaltung, mit dem Aufstellen eines Kerbbaumes, einem Kerbumzug durch die Straßen der Stadt, sowie einer Kerbrede die im Jahre 1951 statt fand. Der damalige Kerwevadder und sein Mundschenk waren Georg Hess und Willi Rössler. Damals befand sich der Festplatz noch auf dem Marktplatz vor der ev. St. Michaels- Kirche in der Stadtmitte wo auch die Kerweredd stattfand. Später wurde der Festplatz in den Hof der Grundschule verlegt, einige Zeit später wiederum auf die Freifläche vor der alten Sporthalle in Ortsmitte. Mit dem Bau des heute dort befindlichen Bürgerzentrums wurden die Vergnügungsgeschäfte an dem Sportplatz verlegt.
Die Kerb ist Groß-Bieberauer Kulturgut und wird schon seit jahrhunderten im Ortskern mit allen Bürgern gefeiert. Die Kerb gehört zurück ins Ort!
Im Sommer 2000 beschlossen Matthias Hörr und Christopher Bickelhaupt die Kerbtradition in Groß-Bieberau wieder aufblühen zu lassen. Dazu war viel Anstrengung und Eigeninitiative gefordert. Pünktlich zum Kerbfreitag am 26.10.2000 war es geschafft. An diesem Kerbfreitag wurde mit dem Errichten eines Kerbbaumes und dem Aufhängen eines Kerbkranzes durch den Kerwevadder Matthias Hörr und dem Kerwelakai Chistopher Bickelhaupt sowie acht weiteren Kerweburschen der Grundstein für weiterführende traditionelle Kerb-Veranstaltungen in Groß-Bieberau gelegt. Es wurde zusammen mit dem damaligen Bürgermeister Werner Seubert der Plan besiegelt, im Jahre 2001 also nach 50Jahren in denen die Bieberauer Kerb nicht mehr in alter Tradition gefeiert wurde, die Kirchweih nach alten Bräuchen zu gestalten und ehrwürdig zu feiern. Unter dem Motto „Biewerarer Kerb 2001“ => „Mit Volldampf voraus“ wurde wieder eine traditionelle Groß-Bieberauer Kerb gefeiert. Dazu gehört die gemeinsame Vorbereitung, das Kerbkranzbinden, das Ausgraben des Kerbschatzes, die Übergabe der Kerbkleidung und der Kerbschärpen durch unseren Bürgermeister mit anschließenden Sektempfang, das Aufstellen des Kerbbaumes mit Freibieranstich und einem unterhaltsamen Kerbprogramm. Der Höhepunkt ist der Kerbgottesdienst in der ev. Kirche, der große Kerbumzug am Sonntag- Nachmittag durch die Straßen der Stadt sowie die anschließende Kerbrede bei der über viele lustige Geschehnisse aus der zurückliegenden Zeit berichtet wird. Montags findet ein großer Handwerkerfrühschoppen mit viel Freibier statt, sowie am Abend noch eine After-Work Party. Der Kerbschatz wird dienstags dann wieder von den Kerbburschen und Kerbmädchen an einem geheimen Ort vergraben. Seither wird unsere Kerb traditionell gefeiert und hat wieder einen festen Platz im kulturellen Geschehen des Ortes.
Nach der nötigen Vorbereitungszeit, wurde dann am 01. Februar 2002 der offizielle Kerbverein Groß- Bieberau gegründet. Gründungsmitglieder waren natürlich alle Kerbburschen und Kerbmädchen, unterstützt von Herrn Werner Seubert, Herrn Dr. Rolf Schönberger sowie unserem Ehrenmitglied Herrn Ludwig Reinheimer. Der Vorstand des Kerbvereins wurde wie folgt gewählt.

Vorne: Michael Albrecht (Kassenwart), Matthias Hörr (1.Vorsitzender), Nicolai Heil (Schriftführer); Hinten: Oliver Dörr (2.Vorsitzender), Christopher Bickelhaupt (Kassenprüfer)
Seit dem wächst erfreulicherweise die Mitgliederzahl des Vereines stetig. Dies begründet sich draus, dass sich der Verein nicht nur um die Organisation der Kerb kümmert, sondern auch an vielen anderen Veranstaltungen und Festen teilnimmt. Es werden jährlich mehre Ausflüge, Veranstaltungen, sportliche Aktivitäten, Grillfeste und die Teilnahme an Festumzügen angeboten. Zur Zeit hat der Kerbverein Groß-Bieberau etwa 150 Mitglieder im Lebensalter von 1 Jahr bis zu unseren Ehrenmitgliedern von über 80 Jahren. Daher stellt sich der Kerbverein in seiner heutigen Form nicht nur als ein Verein zur Unterstützung und Erhaltung der Kirchweih sondern vielmehr als ein kultureller Verein für die gesamte Gemeinde dar.